Tierra del Fuego und ein Abschied
In Erwartung einer langen Fahrt an die Ostküste versuchten wir per Email, eine Unterkunft für den Besuch des Parque Nacional Monte León zu organisieren. Zum Glück erwähnten wir, dass wir die Ruta 9 fahren wollen. Darauf meinte der Vermieter, diese Strasse sei in einem sehr, sehr schlechten Zustand. Aus argentinischem Mund bedeutet dies für uns «unpassierbar» und so änderten wir den Plan nochmals, gaben den PN Monte León auf und fuhren über Rio Gallegos zur Pinguineria Cabo Virgenes. Wieder ein phantastisches Erlebnis, sich mitten in einer grossen Kolonie von Magellanpinguinen zu bewegen, mit Jungen, die schon gross, aber noch nicht schwimm- und damit jagdfähig sind und deshalb noch gefüttert werden müssen.
Cabo Virgenes ist der südöstlichste Punkt vom argentinischen Festland. So erstaunt es nicht, dass ein Armeeposten den Leuchtturm «bewacht». Der Soldat war sehr freundlich und öffnete für uns den Turm, der inzwischen als Museum dient mit zwei wunderschönen Schiffsmodellen vom Portugiesen Ferdinand Magellan, der die Schiffpassage 1520 – also vor 500 Jahren – entdeckt hatte. Heutzutage haben dort jeweils zwei Soldaten 30 Tage Dienst bevor sie abgelöst werden. Ihre Hauptaufgabe: den Ort «in Stand halten». Er meinte, das sei keine grosse Aufgabe und sie hätten viel Freizeit.
Leider hatte die Estancia auf Cabo Virgenes unsere elektronische Reservationsanfrage nicht bekommen. Dieser Übernachtungsort wäre super gewesen. Dafür genossen wir dort eine feine Merienda, die argentinischen Variante von «tea time». Danach mussten wir am Abend auf der gleichen Schotterstrasse die beschwerlichen 2,5 Stunden für 130 Km zurück nach Rio Gallegos fahren.
Auch dieses Mal war der Grenzübertritt nach Chile unproblematisch. Sogar den Honig durften wir behalten, weil wir ihn in Chile gekauft hatten. Die Grenzbeamten sind sehr freundlich. Es ist einfach empfehlenswert, seine Frischwaren wirklich anzugeben. Mit dieser Strategie mussten wir bis jetzt noch nichts abgeben.
Ja, und dann überquerten wir sie, die berühmte Magellanstrasse nach Tierra del Fuego. Die Landschaft veränderte sich aber kaum. Es gab viele Tümpel und Lagunen – trotzdem kaum Vegetation. Ausnahmsweise einmal ein Bewässerungssystem, das den Boden sofort in ein sattes Grün verwandelt für Pferde, Schafe und Guanacos. Unterkunftsmöglichkeiten sind sehr rar in diesem Teil von Feuerland. Und so übernachteten wir in Porvenir, einer kleinen Stadt, die 1880 während eines kurzen Goldrauschs gegründet worden war. Für uns ein guter Ausgangsort für den Besuch einer kleinen Kolonie Königspinguine in Onaisín – der einzigen ausserhalb der Antarktis. Die Tiere lassen sich mit ihrem Nachwuchs in unterschiedlichem Alter von zwei Beobachtungsplattformen aus gut beobachten.
Von Porvenir aus brachte uns die Fähre in 2 Stunden zurück über die Magellanstrasse nach Punta Arenas, für Susanne und Judith die Endstation unserer gemeinsamen Reise, die für alle sehr spannend und erlebnisreich und doch ermüdend und gleichzeitig kraftspendend war.
Susanne und Judith sind inzwischen zu Hause angekommen mit viel Erinnerungen im Gepäck: Es war einfach alles ganz anders, als sie erwartet hatten. Viel grösser, vielfältiger und beeindruckender: die Menschen, das Wetter, die Dichte an Eindrücken, die Weite der Pampa, die Farbnuancen in der Kargheit, Gegensätze wie die Üppigkeit neben Wüste oder grüne Landschaft neben Gletschern, und ein Teil der Tierwelt zu sein mit Guanacos, Condor, Nandus, Fuchs, Gürteltiere, Pinguinen und Delphinen.
Und für uns war es eine sehr aufschlussreiche Erfahrung, mit Freunden so lange unterwegs zu sein. Wir haben es total genossen, so intensiv kommunizieren zu können, endlich mal wieder Bella Dog zu Viert zu spielen, zu lachen, gemeinsam zu kochen und zu planen, wo es weiter gehen soll. Dass alle Entscheidung etwas länger brauchen als zu Zweit, war zu erwarten. Nicht gedacht haben wir an die etlichen Situationen während der Fahrt, die Entscheidungen fordern: mit zwei Autos heisst es, eine passsenden Stelle zum Anhalten zu suchen und Rücksprache zu halten. Auch haben wir unterschätzt, dass so kurzfristig nicht mehr immer Cabanas verfügbar sind, was teilweise längeres Suchen bewirkte und uns eine neue Taktik wählen liess vom Vorausbuchen. Auch haben Susanne und Judith zugeben müssen, dass ein kleines Zweierzelt nicht mehr unbedingt einem Bett in einer Cabana vorzuziehen ist 😉.
Glücklicherweise konnten wir bis auf eine Situation im Nationalpark beim Fitz Roy unseren Camper immer neben ihre Cabana stellen und so hatten wir kurze Wege zueinander. Unsere Küchenutensilien und die Lebensmittel wanderten abends in die Küche und am Morgen wieder zurück zu Ruby und wir hatten ein Privatbad zu Verfügung 😊. Ob es in anderen Regionen auch so viele Cabanas zur Verfügung hat wie in diesem Teil von Patagonien, der Touristenregion schlechthin, bleibt offen. Somit hat sich unsere Entscheidung, einen Camper zu kaufen und möglichst autark zu reisen, voll bestätigt. Wir sind so unabhängig wie möglich: mit Sonnenenergie auf dem Dach für alle unsere Gadgets in Rubi`s Bauch, inklusive Spannungswandler und Ladebooster, mit einem grossen Frischwassertank zum Kochen und Waschen, mit eigenem Bad und vor allem mit eigenem bequemem Bett, wo sich überall gut schlafen lässt 😊.
Wir hatten es wirklich gut zusammen, hier noch ein paar Eindrücke von unserer Reise und auch, wie Susanne es festgehalten hat 🙂
Rubi hat seinen ersten Service in Südamerika «überstanden» und sollte nun gut für die Weiterfahrt gerüstet sein. Und wir? Wir lassen es uns auf Grund fehlender Campgrounds in Punta Arenas auf einer Estancia gut gehen und warten auf die Ankunft von Sophia. Mit ihr zusammen werden wir uns als erstes auf eine 3tägige (!) Whalewatching Tour begeben. Die Wettervorhersage ist im Moment sehr vielversprechend. Hoffen wir, dass es dabei bleibt. Über diese Erlebnisse dann mehr das nächste Mal…