Chiloé

Chiloé

Die Insel Chiloé ist nicht sehr gross. Die Menschen leben vom Fischfang, betreiben Muschelfarmen und leben vom Tourismus – letzteres allerdings nur in den Ferienmonaten Januar und Februar. In der restlichen Jahreszeit trifft man nur vereinzelt amerikanische und europäische Touris. Kaum jemand spricht Englisch. Gemäss einer Studentin aus dem Grossraum Santiago, die wir in Cucoa getroffen hatten, glauben die Jungen, das sei nicht wichtig. Sorgen macht den Menschen der Virus Mareo roja, der bei hohen Temperaturen die Muscheln befällt und sie zum tödlichen Genuss macht. Marcela und Louis vom Ecocamping am Strand in Cucoa (Quizfrage: Wer findet Rubi?) erzählten uns, dass vor 15 Jahren ein Nachbar beim Verzehr EINER Muschel innert 5 Minuten gestorben sei, weil der Virus die Atmungsmuskulatur lähmt. Aber seither wäre die Muschelqualität unter staatliche Kontrolle…

Chile liegt im «Feuergürtel». Die Menschen hier sind mit Erdbeben und den daraus entstehenden Tsunamis vertraut. Hinweise mit Fluchtrouten sind fast überall an den gefährdeten Orten zu finden. Von Marcela erfuhren wir, dass die Einheimischen per Natel die Tsunamiwarnung bekommen, dass sie ihre Gäste benachrichtigen müssen und dass «im Normalfall» etwa eine Stunde bleibt, um sich in Sicherheit zu bringen. Als Konsequenz machen wir uns schlau, wohin wir uns im Krisenfall wenden müssen, erkunden den Weg zum Hügel, auf den wir mit Rubi flüchten müssten und halten Rubi beim Schlafengehen möglichst abfahrbereit.

Die Kirchen sind der Stolz der Chiloer und es hat einige davon. Sie sind aus Holz, aussen mit Schindeln bedeckt und innen sehr heimelig mit wenig Pomp. Ein anderes touristisches Highlight sind die Palafitos in Castro: Häuser am Fjord auf Stelzen, so gebaut, dass die Fischer bei Flut unter das Haus fahren und ihren Fang ausladen können. Häuser auf Stelzen zu bauen, hat Tradition: So finden auch mal Schafe oder Autos ihren Platz «unter» dem Haus.

Chiloé ist sehr grün und hügelig. Es ist ein endloses Hinauf und Hinunter. Eine Kurve reiht sich an die nächste. Es ist hier wie auf der Achterbahn. Die Herbstmesse kann man sich so sparen. Das Wetter ist sehr «durchzogen»: mal ist es sonnig warm, dann sehr windig und kühl. Mal giesst es heftig für kurze Zeit, dann schaut wieder die Sonne mitleidig hinter den Wolken hervor. Der Parque Nacional de Chiloé schützt den wunderbaren Wald und bietet Pfade mit Erklärungen. Ohne diese Pfade wäre es ein undurchdringbarer Dickicht. Den Besuch des Parks hatten wir aufgeschoben, bis der Regenschauer vorüber war. Ein Pfad war denn auch völlig verschlammt. Artistisch mussten wir uns mit Hilfe der angrenzenden Bäume und Sträucher um die Schlammlöcher hangeln, um nicht darin zu versinken. Tarzan lässt grüssen.  

Auf Chiloé gab es aber nicht nur Wälder und Kirchen zu bestaunen, sondern auch wieder Punguine. Auf einer 30minütigen Fahrt zu den vorgelagerten Inselchen konnten wir Magellan- und Humboldt-Pingus bewundern. Sie sind gleich gross und bevölkern die Inselchen wild gemischt. Sie sind von einander nur über die Anzahl Krawättli zu unterscheiden. Sie müssen sehr eitel sein, denn sie kuscheln nur miteinander, wenn die Anzahl Krawättli übereinstimmt. Auch mehrere Kormoranarten bekamen wir zu sehen. Dieser spontane Trip auf dem Wasser bot eine gute Erfahrung: Mit nur einer Tablette Stuggeron (!) konnten wir diesen Ausflug geniessen. Weil wir bei der ersten Fahrt keine Humboldt-Pingus entdecken konnten und diese in unserem «Palmares» noch fehlten, wurden wir (gratis) auf die nächste Fahrt mitgenommen. Und auch diese konnten wir geniessen. Werden wir gar zu Seebären? Interessant war, wie wir Passagiere das Boot bestiegen: Wir wurden mit einem Handwagen vom Strand zum Schiff gezogen, damit niemand nasse Beine bekommt – und von dort wieder abgeholt.

Es gab aber auch eine negative Überraschung: Ein kleiner Sturm mit starkem Regen fegte über uns hinweg, was uns bis anhin nicht gross beeindruckte in unserer «Festung». Wir waren schon am Einschlafen um 23.30 – der Zähler der gezählten Schäfchen wäre bald wieder auf den Anfangsstand gesprungen, als uns das Geräusch «tropf, tropf, tropf» in den Krisenmodus versetzte: Wasser tropfte aus einer Ecke des Dachfensters aufs Bett. Warum und woher ? Tropfen stoppen, Bettdecke mit Föhn trocknen und Problemanalyse an den Lieferanten senden. Nach 2 Stunden kehrte wieder Ruhe ein – und das Bett blieb trocken.

Unser Problem mit dem Natel ist übrigens gelöst. Wir haben ein Handy mit chilenischer SIM ! Soweit so gut. Daraus möchten wir aber eine Empfehlung ableiten (gilt vorerst für Argentinien und Chile) für potentielle «Erholungsflüchtinge» aus der Schweiz: Wer reif ist für die Insel und kaum mehr Nerven hat, sollte sich einer organisierten Südamerikatour anschliessen und nicht versuchen, alles selbst zu besorgen, wie wir es tun. Dies gilt auch dann, wenn man zwar mehrere Sprachen spricht, aber kein Spanisch, denn ganz ohne Spanisch kommt man kaum weit, wenn nicht alles so verläuft, wie man sich das vorstellt (und das ist gar nicht so selten 😉). Wir wollten ja während unserer Reise «hinter die Fassade» sehen. Was wir entdeckt haben, möchten wir Euch hier am Beispiel der chilenischen Prepaid SIM-Karte der Firma Entel zeigen:

  • Es lohnt sich, das Natel mit einer lokalen SIM-Karte zu versehen. Das ist die günstigste Art, zu kommunizieren. Der Chip ist zwar schnell gekauft, es braucht aber eine Registrierung und dies braucht ZEIT.
  • Die Registrierung erfordert eine chilenische Identitätsnummer. Sie lässt sich deshalb für Touris nicht online machen. Dazu muss man in eine Agentur der Telekomfirma und dies braucht GEDULD, denn wir kennen inzwischen ihre Büros in fünf verschiedenen Orten.
  • Die erste Agentur initialisierte unseren Registrierungsantrag und versprach, die erfolgreiche Registrierung würde uns nach 2 – 3 Tagen per Mail bestätigt. Die sei wichtig, denn ohne Registrierung würde das Natel (Gerät, nicht Nummer !) nach 30 Tagen gesperrt. Dies erfordert ein gewisses Mass an FATALISMUS.
  • Nach 7 Tagen ohne Nachricht pilgerten wir wieder zum nächstbesten Entel-Shop. Die beschieden uns, sie wären nur Verkäufer und hätten damit nichts zu tun. Die Registrierung könne 10 Tage und mehr dauern. In solchen Fällen braucht es NACHSICHT.
  • Nach 10 Tagen riefen wir die Entelhotline telefonisch an, um nachzufragen – eine Kontaktmöglichkeit per Mail oder Chat gibt es nicht. Leider sprach niemand Englisch. Der «Diensthabende» war sehr geduldig und verständnisvoll mit uns und erklärte, es bestehe kein Antrag auf Registrierung, wir sollten dafür zur nächsten Entelagentur gehen. Es geht also nicht ohne SPANISCH.
  • Im nächsten Entelshop erklärte uns die Dame sehr freundlich, das Natel mit der Prepaidkarte wäre registriert, es brauche aber auch die Registrierung unserer anderen Natels mit schweizerischer SIM-Karte, denn sonst würden auch die blockiert. Wir erklärten ihr, dass das keinen Sinn mache, denn wir würden unsere «Schweizer-Natel» nur über den Hotspot der chilenischen Prepaid-SIM nutzen. Das konnte sie nicht verstehen – sie hat wahrscheinlich noch nie davon gehört. Eine gehörige Portion SKEPSIS kann also auch nicht Schaden und so verabschiedeten wir uns ohne weitere Registrierung unserer «Schweizer-Natels».
  • Nach so vielen sich widersprechenden Auskünften wollten wir ganz sicher sein. So haben wir uns in der nächsten Entelagentur einfach nochmals über den Stand der Registrierung erkundigt und freudig zur Kenntnis genommen, dass die Registrierung bestätigt und damit alles in Ordnung ist. Es braucht also auch etwas GLÜCK, denn wir haben keine Ahnung, wer wann was dazu beigetragen hat, dass unser Mobiltelefon von Amteswegen nicht blockiert wird.

Wir spüren, dass wir seit drei Monaten unterwegs sind, zwar nicht im Camper, aber weg von zu Hause. Das Fassungsvermögen an neuen Eindrücken ist im Moment irgendwie erschöpft. Deshalb sind wir am Planen von ein paar Tagen «Sein», ohne Fahren. Dazu wünschen wir uns allerdings sonniges, warmes Wetter und eine schöne Umgebung. Wir werden sehen…

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